suomi.xthema.de

Finnland-Infos

Hitonhauta - das Teufelsgrab

In einem entlegenen Waldstück bei Jyväskylä befindet sich das Teufelsgrab, die größte Felsspalte in Mittelfinnland. Der Besuch dort ist allerdings nicht ohne Risiko.

Verwittertes Hinweisschild am Parkplatz
Verwittertes Hinweisschild am Parkplatz

Wir haben schon viele Reiseführer über Finnland gelesen, doch das Teufelsgrab wird in keinem davon erwähnt. Erst eine finnische Tourismusseite im Internet hat uns auf die Idee gebracht hat, die riesige Felsspalte zu besuchen. Und so sind wir im frühen Herbst 2015 von Jyväskylä aus nach Laukaa gefahren - und haben das Teufelsgrab trotz einer Wegbeschreibung zunächst nicht gefunden. Wir mussten erst auf einer Landstraße mehrmals auf- und abfahren, um das winzige Hinweisschild zu entdecken, das zur Spalte führt.

Schlaglochpiste und Hirschlausfliege

Von der Abzweigung ging es drei Kilometer über einen mit Schlaglöchern übersäten Waldweg, den wir teilweise noch nicht einmal in Schrittgeschwindigkeit befahren konnten. Dann endlich hatten wir unser Ziel erreicht: einen unscheinbaren Parkplatz mitten im Wald - und davor ein stark verwittertes Schild Richtung Hitonhauta. Wir sind losgelaufen, haben unsere Wanderung aber schon kurz vor Erreichen der Schlucht abgebrochen. Denn der Weg hinab ins Tal war nach mehreren Regentagen in einem fürchterlichen Zustand - und die Hirvikärpänen sind gleich in Scharen über uns hergefallen.

Geröllbarriere im Teufelsgrab
Geröllbarriere im Teufelsgrab

Hirvikärpänen ist eine finnische Variante der Hirschlausfliege, die in diesem Teil Europas normalerweise auf Elche losgeht, wie der Name bereits andeutet (hirvi ist die finnische Bezeichnung für den Elch). Doch wenn gerade keine Elche da sind, überfallen die kleinen Plagegeister auch schon mal Menschen und verkriechen sich in den Haaren oder in grob gewebten Pullovern. Das ist eigentlich nicht gefährlich, aber ziemlich unangenehm. Wir haben also Reißaus genommen und uns fest vorgenommen, das Teufelsgrab im nächsten Jahr unbedingt zu besuchen.

Abenteuerlicher Weg in die Tiefe

Im Hochsommer 2016 ist es dann soweit. Nachdem wir den Parkplatz nach kurzer Irrfahrt erreicht haben, ziehen wir unsere Wanderstiefel an, marschieren auf einem holprigen Forstweg los, nehmen die Abzweigung zu einem schmalen Pfad Richtung Schlucht - und erleben eine böse Überraschung: Trotz Trockenheit ist der Weg genauso sumpfig wie im Jahr zuvor. Nun gut, da müssen wir wohl oder übel durch.

Der Weg zum Wasserfall führt durch diesen Spalt
Der Weg zum Wasserfall führt durch diesen Spalt

Der Weg in die Felsspalte gleicht einem kleinen Abenteuer: Überall sind Pfützen und feuchte Stellen, Baumstämme liegen kreuz und quer, aber wenigstens lassen uns die finnischen Stechmücken in Ruhe; den fliegenden Plagegeistern ist es dort unten in der Schlucht offenbar zu kühl. Nach etwa einer Stunde haben wir den Grund der Schlucht erreicht und sind etwas irritiert: Hitonhauta, das Teufelsgrab, soll mit gut 30 Metern Breite und 25 Metern Tiefe die größe Felsspalte in Mittelfinnland sein; davon ist in der Schlucht selbst nichts zu spüren, alles kommt uns plötzlich so klein und beklemmend vor. Das liegt sicherlich auch daran, dass diese Felsspalte in der Längsrichtung nicht durchgängig ist; zwischen den einzelnen Teilen des Teufelsgrabs gibt es Barrieren, die der Wanderer erst einmal überwinden muss.

Wasserfall inmitten der Schlucht

Der Anfang der Schlucht ist noch wenig spektakulär; rechts und links sieht man Gestein, dazwischen wuchert Gebüsch. Weiter geht's über einen felsigen Hügel hinunter zu einem winzigen Tümpel, in dem abgebrochene Aststücke vermodern. “Viele Höhlen warten auf den Abenteurer, der mutig genug ist, um einzutreten”, heißt es auf der offiziellen Tourismusseite - und mutig muss man wahrlich sein, wenn man den Weg durch die Schlucht nun fortsetzen möchte. Denn der Weg führt weiter durch eine kleine Felsspalte, in deren oberem Teil ein Gesteinsbrocken eingeklemmt ist.

Besinnlicher Moment am Wasserfall
Besinnlicher Moment am Wasserfall

Es sieht nicht so aus, als ob sich der Brocken in den nächsten Minuten lösen könnte, und so gehen wir durch die Engstelle hindurch - und sind begeistert: Denn nun stehen wir vor einem wundervollen Wasserfall inmitten dieser geheimnisvollen Schlucht. Die Menschen sollen früher geglaubt haben, dass ein Geist hier lebt. Sein Name: hitto, also Teufel. Deshalb heißt die Felsspalte hitonhauta, Teufelsgrab.

Zweistündiger Irrweg durch die Wildnis

Lieber Wanderer, der Sie diesen Text bis hierher gelesen haben: Wenn Sie mit Ihrer Liebsten in das Teufelsgrab hinabsteigen und die Begleitung am Wasserfall schüchtern fragt, ob man jetzt nicht lieber umkehren sollte, dann befolgen Sie bitte ihren Rat. Kehren Sie um und laufen Sie zurück zum Parkplatz. Ich weiß, der Hinweg war beschwerlich, und vielleicht möchten Sie Ihrer Liebsten die Anstrengung ersparen, auf dem gleichen Weg zurückzulaufen - und da, am Ende der Schlucht, da führt doch ein Weg nach oben, da könnte man bestimmt raufgehen und dann außen um die Schlucht herumlaufen, und das wäre für Sie und die Begleitung nicht so anstrengend. - Diese Idee mit dem Rückweg um die Schlucht herum könnte sich aber auch als Irrtum erweisen.

Dieser Weg aus der Schlucht führt in die Irre
Dieser Weg aus der Schlucht führt in die Irre

Ums kurz zu machen: Wir sind am Ende der Schlucht nicht dem Wunsch der Liebsten, sondern dem Weg des Lichts gefolgt. Wir sind auf einem steilen Weg schnell nach oben gegangen und danach zwei Stunden durch die Wildnis Mittelfinnlands geirrt - trotz Wander-Navigationsgerät wohlgemerkt. Unsere Wanderung an diesem Tag endet schließlich an einer Tankstelle, fünf Kilometer entfernt vom Parkplatz, auf dem unser Auto steht. Wir haben uns schließlich in der Not ein Taxi bestellt, das uns zurückgebracht hat. Auf der Rückfahrt haben wir drei Dinge gelernt. Erstens: Finnische Taxifahrer sind unheimlich nett, hilfsbereit und korrekt bei der Abrechnung; zweitens: finnische Taxifahrer scheuen keine Fahrt über schlaglochübersäte Waldwege - auch nicht mit einem neuwertigen Mercedes-Bus; drittens: auch finnische Taxifahrer mit Ortskenntnis, Navigationsgerät und Wegbeschreibung finden den Weg zum Teufelsgrab nicht auf Anhieb.

Falls dieser Artikel Sie nicht abgeschreckt hat und Sie die Schönheit dieser Felsschlucht erleben möchten: Sie finden das Teufelsgrab, wenn Sie auf der Straße von Jyväskylä nach Laukaa fahren, und von hier auf der Valkolantie Richtung Valkola. Ein kleines Schild am Wegrand verrät die richtige Abzweigung. Und am Ende der Schlucht gehen Sie bitte wieder auf dem gleichen Weg zurück.

Zuletzt bearbeitet am 05.06.2017