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M. A. Numminen: Der Kneipenmann

Was erlebt ein Mensch, der systematisch die Kneipen seiner Heimat abklappert? Der Entertainer M. A. Numminen hat über seine Reise durch die finnischen Bierbars ein bemerkenswert komisches Buch geschrieben: "Der Kneipenmann".

Stellen Sie sich vor, es gäbe ein Buch, in dem der Autor beschreibt, wie es in deutschen Kneipen zugeht und welche zum Teil sinnfreien Gespräche dort geführt werden. Würden Sie das wirklich lesen wollen? - Wenn Sie jetzt mit einem entschiedenen “Nein” geantwortet haben, dann sollten Sie Ihre Haltung nochmals überdenken. Denn ein solches Buch könnte sehr unterhaltsam sein, wie der finnische Musiker und Autor M. A. Numminen mit seinem bezaubernden Werk “Der Kneipenmann” beweist.

“Der Kneipenmann” erschien im Oktober 2003 in deutscher Sprache - 17 Jahre nach der finnischen Originalausgabe mit dem Titel “Baarien mies”. Für sein Buch hat Mauri Aantero Numminen im Jahr 1986 rund 350 Bierbars in Finnland besucht und dabei 20.000 Kilometer mit seinem Wagen, “einem französischen Fabrikat”, zurückgelegt. Solche Bierbars - das Pendant zur deutschen Kneipe - bekommt auch der gewöhnliche Finnland-Urlauber vielerorts zu Gesicht, meistens aber wohl nur von außen: Die mit “Baari”, “Grilli” oder “Kahvila” beschilderten Etablissements sehen nämlich oft heruntergekommen und wenig einladend aus.

Die Welt der einfachen Leute

Numminen nimmt den Leser an der Hand und führt ihn hinein in diese Welt der einfachen Leute, der Wald- und Straßenarbeiter, Berufslosen und Rentner, die ihre Tage, Abende und gelegentlich auch Morgenstunden in stickigen Kneipen zwischen vergilbten Gardinen und verschlissenen Tapeten verbringen, wobei die deutsche Übersetzung “Kneipe” für eine finnische Bierbar nach Numminens Darstellung ein etwas falsches Bild vermittelt; anders als in Mitteleuropa sei die finnische Bierbar nämlich kein Ort der Begegnung, sondern ein Treffpunkt der “Minderbemittelten”.

Doch jeglicher Dünkel ist Numminen bei seinen Kneipenbesuchen völlig fremd - und das, obwohl der Autor auch zur Zeit seiner Kneipentour bereits eine berühmte Persönlichkeit in Finnland ist. Numminen begegnet den Gästen der Bierbars mit freundlichem Interesse und wird dafür belohnt: Die alteingesessenen Gäste nehmen den weitgereisten “Baarien mies” wie einen der ihren in den geselligen Kneipenrunden auf. Dass dies durchaus bemerkenswert ist, wird jeder erkennen, der schon einmal versucht hat, sich in einer bayerischen Dorfwirtschaft an den Stammtisch zu setzen.

Faszinierender Kosmos

Ehemalige Kriegsinvalidenkantine in Kitee
Ehemalige Kriegsinvalidenkantine in Kitee

Es ist ein faszinierender Kosmos, den M. A. Numminen in seinem Buch betrachtet. Mal sind die Bierbars baufällig anmutende Holzhütten mit Toilette hinter dem Haus, mal massive Steingebäude mit “funktionalistischer Architektur” wie die Kriegsinvalidenkantine im karelischen Kitee. Numminen erzählt, in welchem Zustand er die Lokale antrifft, welche Menschen er dort kennenlernt, worüber er sich mit ihnen unterhält. Vieles davon mag belanglos sein; langweilig ist es nie, denn fast jede der Bierbars hat irgendeine Besonderheit zu bieten: In der einen ist es das zähe Rentiergeschnetzelte aus der Mikrowelle, in der anderen ein Fußbänkchen in der Herrentoilette für Kleinwüchsige.

M. A. Numminen schildert mit liebevollem Blick den Alltag der einfachen Leute in ihrer kleinen Welt. Im Vorwort schreibt der Autor, dass “Baarien mies” vielen Finnen die Augen für die soziale Bedeutung der Bars geöffnet habe; zugleich habe sein Werk dem beliebtesten finnischen Bier, dem sogenannten “Dreierbier” (mittlerer Stärke, in Finnland auch “keskiolut” genannt), die nötige Anerkennung verschafft. Auch deshalb ist das Buch lesenswert - und nicht nur Finnland-Fans zu empfehlen.

“Der Kneipenmann” von M. A. Numminen war in Deutschland lange bei “Zweitausendeins” erhältlich, inzwischen gibt es das Buch leider nur noch in Antiquariaten.

Zuletzt bearbeitet am 29.08.2015