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Finnland-Infos

Die Suche nach dem finnischen Geschmack

Heringshäppchen, frisch gegrillter Lachs und Rentiergeschnetzeltes gehören zu den Speisen, die in Reiseführern gerne genannt werden, um die Vorzüge der finnischen Küche herauszustellen. Im Alltag sind derlei Gerichte allerdings nur schwer zu finden. Haben die Finnen ihren Geschmack verloren?

Eins vorneweg: Wir sprechen hier nicht von Helsinki. In der finnischen Hauptstadt findet der hungrige Urlauber alles, was er sich nur wünschen kann. Der Touristenführer “Helsinki this week” listet allein weit über 100 verschiedene Lokalitäten auf - vom Nobelrestaurant an der Esplanade über die gutbürgerliche Gaststätte mit lappländischer Küche und den deutschen “Zinnkeller” bis hin zur Sushi-Bar.

Die Gastronomen in der finnischen Hauptstadt bieten ihren Gästen kulinarisch die Welt, wobei diese Welt auch den Teil Osteuropas umfasst, der auf den Restaurantkarten in deutschen Städten oft fehlt: Russland. Die Auswahl reicht hier vom Wirtshaus im Zarenstil bis zur Gaststätte mit russischer Live-Musik. Die gastronomische Qualität in Helsinki hat aber ihren Preis, und der liegt fast durchwegs auf oder über dem Niveau deutscher Großstädte.

Keine Vielfalt auf dem Lande

Abseits der Großstädte und Touristenzentren sieht es in Finnland mit dem Angebot an Speisegaststätten leider weniger erfreulich aus - zum Beispiel in Jämsä, einer Kleinstadt in Mittelfinnland. Bei der Fahrt durch das Stadtzentrum im Herbst 2008 haben wir ein italienisches und ein chinesisches Restaurant zu Gesicht bekommen, außerdem noch je eine Filiale des finnischen Pizzabäckers Kotipizza und der Restaurantkette Rosso - nicht gerade umwerfend für eine Stadt mit 16.000 Einwohnern (man möge mir den Hinweis verzeihen, dass vergleichbare deutsche Städte hier deutlich mehr zu bieten haben).

Des Rätsels Lösung für die Restaurantknappheit im Zentrum zeigt sich einige Kilometer außerhalb: An den Hauptstraßen nahe Jämsä gibt es mehrere Tankstellen, die ebenfalls Speisen anbieten - vom Burger-Menü bis zum Buffet. Die Tankstelle ist in Finnland längst zum Restaurant-Ersatz geworden, Sitzplätze und Speisekarte inklusive.

Das neue finnische Nationalgericht: Pizza

Das beantwortet freilich nicht die Frage nach dem Verbleib finnischer Spezialitäten wie Heringshäppchen, Lachs und Rentiergeschnetzeltem. Die findet man nach wie vor in gehobenen Hotelrestaurants, aber nicht dort, wo Matti und Maija Meikäläinen (die finnischen Otto Normalverbraucher) abends bevorzugt essen gehen.

Wie es um die Speisegewohnheiten der Durchschnittsfinnen bestellt ist, haben wir vor einigen Jahren bei einem Restaurantbesuch in einer anderen finnischen Kleinstadt erfahren: Dort gab es einmal ein kleines, gemütliches Speiserestaurant mit wenigen Plätzen, guter Küche und vernünftigen Preisen. Als die Bedienung eines Abends fragte, was wir gerne haben möchten, antworteten wir: “Irgendetwas typisch Finnisches. Was essen denn die Leute hier gerne?” Die freundliche Bedienung verdrehte daraufhin die Augen, schaltete ihren Gesichtsausdruck von Lächeln auf Resignation um und deutete mit dem Finger auf ein Gebäude schräg gegenüber, in dem sich ein Schnellimbiss befand: “Typisch Finnisch”, sagte sie schließlich, “ist inzwischen Pizza.”

Hampurilainen: der finnische Burger

In der Tat: Es gibt in Finnland kaum Restaurants, die keine Pizza auf der Speisekarte haben. Auf der einen Seite drängt das neue finnische Nationalgericht die traditionellen Speisen ins Abseits, auf der anderen Seite konkurrieren die Pizzabäcker mit den Burgerbratern. Auch hier haben die Finnen mit Hesburger längst eine eigene erfolgreiche Marke etabliert, die dem Kunden heimische Hamburger (finnisch: hampurilainen) serviert. Der Urlauber muss in Finnland also nicht verhungern, doch er darf sich auch nicht wundern, dass ihm so manches Aufgewärmte auf den Tisch gestellt oder über die Theke gereicht wird.

Das Einheits-Hotelfrühstück

Als gewöhnungsbedürftig mag so mancher Finnlandurlauber auch das Hotelfrühstück empfinden. Wir waren schon in vielen Mittelklasse- und Touristen-Hotels zu Gast, doch egal wo: Das Frühstück war immer das gleiche.

Es gibt in finnischen Hotels grundsätzlich eine Sorte Salami, eine oder zwei Sorten Schinken beziehungsweise Putenbrust, eine oder zwei Sorten Schnittkäse, Tomaten und Gurken in Scheiben, Joghurt mit Müsli und als warmes Frühstück Rührei, Schinken, Würstchen oder Hackfleischbällchen, dazu Kaffee und Tee und verschiedene Brotsorten. Man könnte fast vermuten, dass sämtliche Hotelbetriebe beim gleichen Großhändler einkaufen. Um es vorsichtig auszudrücken: Nach einigen Tagen am Frühstücksbuffet zeigen sich beim Urlauber doch gewisse geschmackliche Ermüdungserscheinungen. Wie schön wäre jetzt ein Eckchen französischer Camembert? Oder ein Stück Hausmacher Schinkenwurst?

Selbstversuch: Frühstück im Ferienhaus

Wir haben deshalb den Selbstversucht gewagt: Wenn es in Hotels nur Einheitsfrühstück gibt - warum dann nicht eine Hütte mieten und sich das Frühstück selbst zusammenstellen? Das Ergebnis war leider ernüchternd: Denn in den Kühltheken der großen Supermärkte fanden wir vor allem alte Bekannte wieder: Salami, Schinken und Käse der Sorte Frühstücksbuffet. Kleine Bäckereien und Metzgereien scheint es in Finnland nur noch in Großstädten zu geben - oder aber wir haben sie einfach nicht gefunden.

Lichtblicke

Beim Leser mag nun vielleicht der Eindruck entstehen, Finnland sei kulinarisch enttäuschend. Das stimmt nicht. Wir haben im Land der tausend Seen nicht nur in guten Hotels, sondern gerade auch in kleinen Restaurants, die es hier und dort noch gibt, vorzügliches Essen bekommen. Man muss nur lange genug nach solchen Gaststätten suchen - und es gibt sie leider nicht überall.

Auch wenn der typisch finnische Geschmack nicht in jedem Restaurant gepflegt wird, so muss man die heimische Gastromonie doch loben: Das Personal ist durchwegs freundlich und hilfsbereit; die Preise für nichtalkoholische Getränke sind moderat (und werden nicht wie beispielsweise in Deutschland dazu genutzt, das Essen zu subventionieren); hinzu kommt, dass in Finnland sehr viel Rücksicht auf Menschen mit Einschränkungen genommen wird: am Frühstücksbuffet gibt es laktosefreie Milch und glutenfreies Brot. In einer Zeit, in der Nahrungsmittelallergien auf dem Vormarsch sind, wird so mancher Tourist diesen besonderen Service zu schätzen wissen.

Die Preise für Essen und Trinken bewegen sich leicht bis deutlich über dem deutschen Niveau. So richtig teuer wird ein Abendessen allerdings, wenn Alkohol ins Spiel kommt. Für ein kleines Glas Wein (0,1 oder 0,12 Liter) verlangen gute Restaurants schon mal sechs Euro und mehr. Ein kleines Bier schlägt mit rund 3,50 Euro zu Buche, für zwei “Halbe” sollte man neun bis zwölf Euro einkalkulieren. Eine Pizza kostet in der Regel über zehn Euro, beliebte Gerichte wie Hühnchenbrust mit Soße und Beilagen ab 15 Euro. In finnischen Restaurants ist das Trinkgeld im Preis enthalten.

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Zuletzt bearbeitet am 23.08.2015